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VfGH G 1305/95 nicht publ.
VfGH G 1305/95
VfGH G 1305/95
nicht publ.
27. 09. 1996
27. 06. 1992

Anm.: keine Textänderung, zusätzliche Information, vgl. VfGH: § 447f Abs. 3, keine Aufhebung, VfSlg 14.598; zum Publikations- und Inkrafttretedatum: es erfolgte keine Kundmachung im Bundesgesetzblatt; aus technischen Gründen musste aber ein Wert eingegeben werden.

Art IV Abs 2 letzter Satz des Bundesgesetzes, mit dem die finanzielle Beteiligung der Träger der sozialen Krankenversicherung am Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds geregelt wird, BGBl Nr 702/1991, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Art VIII § 4 Abs 2 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes BGBl Nr 283/1988 war nicht verfassungswidrig.

Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber, eine mehreren Sozialversicherungsträgern gemeinsam auferlegte Finanzierungslast intern nach sachlichen Kriterien aufzuteilen.

Es trifft zwar zu, daß die Aufbringung der für die Jahresausgleichszahlung benötigten Mittel, die nach den in Prüfung gezogenen Bestimmungen erfolgt, an Schlüssel anknüpft, die sich an den allgemeinen Beitragseinnahmen von Krankenkassen orientieren. Der Gesetzgeber ist dabei den Weg gegangen, daß er in Art VIII § 4 Abs 2 BG BGBl Nr 283/1988 und Art IV Abs 2 BG BGBl Nr 702/1991 Schlüssel gewählt hat, die von den Regelungen ausgehen, die für die KRAZAF-Beiträge der einzelnen Krankenversicherungsträger bereits festgelegt waren. Ein solches Anknüpfen an die einnahmenorientierten KRAZAF-Schlüssel erscheint dem Verfassungsgerichtshof jedoch im Hinblick darauf, daß die Finanzkraft der einzelnen Krankenversicherungsträger letztlich von den Beitragseinnahmen abhängig ist, an sich nicht unsachlich.

Die Unsachlichkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung wäre jedoch gegeben, wenn als Ergebnis von den durch sie belasteten Krankenkassen eine (oder mehrere) im Zusammenhang mit dem zwecks Senkung von Pflegegebührentagen konzipierten Regelungskomplex systematisch benachteiligt und andere Kassen hiedurch systemimmanent privilegiert würden.

Einem System, in dem die Erwartung des Gesetzgebers nur tendenzielle Einschätzungen erlaubt, und das der Verfassungsgerichtshof an sich nicht für unsachlich hält, weil es sich durch das angestrebte Ziel rechtfertigt, kann auch nicht vorweg Untauglichkeit zur Erreichung dieses Zieles vorgeworfen werden, weil es sich räumlich und zeitlich unterschiedlich auswirken kann, zumal die Beurteilung der Sachlichkeit nur unter den jeweiligen Bedingungen gilt.

VfGH 26. 09. 1996, G1305/95

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B 2246/93 eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. November 1993 anhängig, mit welchem den Anträgen der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 17. März 1993, den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu verpflichten, ihr für das Jahr 1990 S 1.673.180,44 an Jahresausgleichszahlung zu erstatten und festzustellen, daß für sie eine Zahlungspflicht im Zusammenhang mit der Jahresausgleichszahlung für das Jahr 1991 nicht bestehe und die bereits geleistete Zahlung von S 15.286.271,-- daher vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen sei, keine Folge gegeben wurde.


Dies wurde im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Jahresausgleichszahlung 1990 im wesentlichen damit begründet, daß bei mangelnder Deckung der Rücklage gemäß § 447a Abs 4 ASVG für den Ersatz der Aufwendungen der Jahresausgleichszahlung die Ersatzzahlung lediglich in Höhe der zur Verfügung stehenden Rücklage gebühre, wobei im Falle eines Fehlbetrages dieser so aufzuteilen sei, daß jeder Anspruch in jenem Ausmaß gekürzt wird, das dem Verhältnis der zu verteilenden Mittel zu den gesamten Ersatzansprüchen entspricht. Der Hauptverband habe dieser Vorgangsweise entsprochen. Hinsichtlich der Jahresausgleichszahlung 1991 wird mit näherer Begründung ausgeführt, daß Art IV Abs 2 BGBl Nr 702/1991 die Aufbringung der Mittel für die Jahresausgleichszahlung durch die Träger der Krankenversicherung regle. Da die Vorschreibung durch den Hauptverband an die Träger der Krankenversicherung den anzuwendenden Gesetzesbestimmungen entspreche und ein Ersatz der Aufwendungen aus Mitteln der Rücklage gemäß § 447a Abs 4 ASVG für dieses Jahr nicht mehr vorgesehen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.


2. Aus Anlaß der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Art VIII § 4 Abs 2 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes BGBl Nr 283/1988 und des Art IV Abs 2 letzter Satz des Bundesgesetzes, mit dem die finanzielle Beteiligung der Träger der sozialen Krankenversicherung am Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds geregelt wird, BGBl Nr 702/1991, ein.


3. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen in ihrem rechtlichen Zusammenhang lauten wie folgt:


3.1. Art VIII § 4 Abs 2 BG BGBl Nr 283/1988 -- die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen sind hervorgehoben -- hat folgenden Wortlaut:


"(2) Die Aufteilung dieser Jahresausgleichszahlung hat auf die Rechtsträger der genannten Krankenanstalten im Verhältnis ihrer Pflegetageverminderung und entsprechend den für sie gültigen Pflegegebührenersätzen zu erfolgen. Die Abwicklung der Jahresausgleichszahlung hat durch die Geschäftsstelle des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds zu erfolgen, und zwar auch für das Jahr vor dem Außerkrafttreten dieser Vereinbarung. Der für die Jahresausgleichszahlung erforderliche Betrag ist von allen Krankenversicherungsträgern im Verhältnis des Schlüssels gemäß § 1 Abs. 2 aufzubringen. Den im Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger angehörenden Krankenversicherungsträgern ist ihr Aufwand für die Jahresausgleichszahlung aus Mitteln der Rücklage gemäß § 447a Abs. 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu ersetzen."


Art VIII § 1 Abs 2 dieses Bundesgesetzes lautet:


"Der auf die einzelnen Träger der Krankenversicherung entfallende Anteil an den zusätzlichen Überweisungen gemäß Abs. 1 ist durch einen Schlüssel zu bestimmen, den der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für jedes Geschäftsjahr festzustellen hat. Dieser Schlüssel hat zu gleichen Teilen


a)_dem 

Verhältnis der Überweisung gemäß §_447f Abs._1, 5 und 6 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und

b)_dem 

Verhältnis der Erträge an Beiträgen zur Krankenversicherung zu entsprechen. Als Beiträge zur Krankenversicherung gelten die gesamten Beitragseinnahmen einschließlich des Bundesbeitrages bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, jedoch abzüglich der Überweisungen gemäß §_447f Abs._8 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Ertrages aus dem Beitragszuschlag für erweiterte Heilbehandlung."

3.2. Art IV Abs 2 BG BGBl Nr 702/1991 -- die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen sind hervorgehoben -- hat folgenden Wortlaut:


"(2) Die Aufteilung dieser Jahresausgleichszahlung hat auf die Rechtsträger der genannten Krankenanstalten im Verhältnis ihrer Pflegetageverminderung und entsprechend den für sie geltenden Pflegegebührenersätzen zu erfolgen. Die Abwicklung der Jahresausgleichszahlung hat durch die Geschäftsstelle des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds zu erfolgen, und zwar auch für das Jahr vor dem Außerkrafttreten der zwischen dem Bund und den Ländern geschlossenen Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1991 bis einschließlich 1994. Der für die Jahresausgleichszahlung erforderliche Betrag ist von den dem Hauptverband angehörenden Krankenversicherungsträgern (§ 31 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) nach demselben Schlüssel aufzubringen, der für die Verteilung in § 447f Abs. 3 Z 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes festgesetzt ist."


Gemäß Art II Abs 1 des Bundesgesetzes, mit dem die finanzielle Beteiligung der Träger der sozialen Krankenversicherung am Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds geregelt wird, BGBl Nr 475/1995 -- welches gemäß seinem Art III Abs 1 rückwirkend mit 1. Jänner 1995 in Kraft getreten ist --, ist Art IV des BG BGBl Nr 702/1991 (auch) für das Kalenderjahr 1995 anzuwenden. Gemäß Art II Abs 2 BG BGBl Nr 475/1995 wird im Art IV Abs 2 BG BGBl Nr 702/1991 der Ausdruck "1994" durch den Ausdruck "1995" ersetzt. Der Wortlaut des in Prüfung gezogenen letzten Satzes des Art IV Abs 2 BG BGBl Nr 702/1991 wird durch die genannte Novelle nicht verändert.


Gemäß Art II des Abschnittes VII des BG BGBl Nr 853/1995 --dieses Gesetz ist gemäß Art III des Abschnitts VII am 1. Jänner 1996 in Kraft getreten -- ist Art IV des BG BGBl Nr 702/1991 (auch) für das Kalenderjahr 1996 anzuwenden. Der Ausdruck "1995" in Art IV Abs 2 des BG BGBl Nr 702/1991 idF BGBl Nr 475/1995 wird gemäß Abschnitt VII Art II Abs 2 durch den Ausdruck "1996" ersetzt. Auch durch diese Novelle wird der Wortlaut des in Prüfung gezogenen letzten Satzes des Art IV Abs 2 BG BGBl Nr 702/1991 nicht verändert.


§ 447f Abs 3 ASVG idF BGBl Nr 702/1991 (die Novellierung dieser Gesetzesstelle durch Art I Z 4 BGBl Nr 475/1995 und Abschnitt VII Art I Z 4 BG BGBl Nr 853/1995, mit denen der Ausdruck "1992 bis 1994" durch den Ausdruck "1992 bis 1995" bzw "1992 bis 1996" ersetzt wurde, sind im gegebenen Zusammenhang nicht von Relevanz) lautet:


"(3) Die Mittel des Ausgleichsfonds nach Abs. 2 werden . . . aufgebracht durch:


1. die Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung (§ 51b des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, § 27a


des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, § 24a


des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes, § 20a


des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes);


2. soweit die Zusatzbeiträge nach Z 1 nicht ausreichen, durch Überweisungen der dem Hauptverband angehörenden Krankenversicherungsträger (§ 31 Abs. 1) nach folgendem Schlüssel:


Wiener Gebietskrankenkasse . . . 24,74771%,


Niederösterreichische Gebietskrankenkasse . . . 10,75445%,


Burgenländische Gebietskrankenkasse . . . 1,10847%,


Oberösterreichische Gebietskrankenkasse . . . 13,36595%,


Steiermärkische Gebietskrankenkasse . . . 7,90969%,


Kärntner Gebietskrankenkasse . . . 3.70455%,


Salzburger Gebietskrankenkasse . . . 5,03541%,


iroler Gebietskrankenkasse . . . 5,14720%,


Vorarlberger Gebietskrankenkasse . . . 3,68825%,


Betriebskrankenkasse der Österreichischen Staatsdruckerei . . . 0,06129%,


Betriebskrankenkasse der Austria Tabakwerke AG . . . 0,09788%,


Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe . . . 0,38214%,


Betriebskrankenkasse der Semperit AG . . . 0,28155%,


Betriebskrankenkasse der Neusiedler AG . . . 0,07078%,


Betriebskrankenkasse der Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke-Alpine Schienen GmbH Donawitz . . . 0,22945%,


Betriebskrankenkasse Zeltweg der Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke-Alpine Maschinenbau GesmbH . . . 0,11261%,


Betriebskrankenkasse der Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke-Alpine Stahlrohr-Kindberg GesmbH . . . 0,07133%,


Betriebskrankenkasse Böhler Kapfenberg . . . 0,34607%,


Betriebskrankenkasse der Firma Johann Pengg . . . 0,03023%,


Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues . . . 0,79262%,


Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, Abt A . . . 0,56332%,


Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, Abt B . . . 2,60106%,


Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter . . . 10,53417%,


Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft . . . 5,64682%,


Sozialversicherungsanstalt der Bauern . . . 2,71700%.


Dieser Schlüssel ist jährlich, erstmals für das Geschäftsjahr 1991, unter Berücksichtigung der Entwicklung der Beitragseinnahmen der einzelnen Krankenversicherungsträger gemäß Abs. 4 Z 1 und Z 2 vom laufenden Geschäftsjahr zum vorangegangenen Geschäftsjahr vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger neu festzusetzen."


4. Der Verfassungsgerichtshof ging bei Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens davon aus, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet wurden und daß auch er bei der Entscheidung über die an ihn gerichtete Beschwerde die angefochtenen Bestimmungen anzuwenden hätte.


5. Die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen legte der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß folgendermaßen dar:


"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verbietet der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zu schaffen (vgl zB VfSlg 8169/1977). Wesentlich ungleiche Sachverhalte müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen (zB VfSlg 12.641/1991, 13.447/1993).


Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, daß es von Verfassungs wegen geboten ist, eine mehrere Sozialversicherungsträger gemeinsam treffende Finanzierungslast intern nach sachlichen Kriterien aufzuteilen. Art VIII § 4 Abs. 2 dritter Satz BG BGBl Nr 283/1988 und Art IV Abs. 2 letzter Satz BG BGBl Nr 702/1991 bewirken anscheinend, daß bei einzelnen Krankenversicherungsträgern infolge des Sinkens der Zahl der Pflegetage, für die Pflegegebührenersätze von ihnen zu leisten sind, Nettoersparnisse gegenüber 1987 bzw 1990 eintreten. Hingegen werden andere Versicherungsträger, bei denen die Pflegetageanzahl, für die Pflegegebührenersätze von ihnen zu leisten sind, ansteigt, als Folge der in Prüfung gezogenen Bestimmungen einer Doppelbelastung ausgesetzt, da sie zusätzlich zum erhöhten Pflegegebührenersatzaufwand auch noch die Jahresausgleichszahlung zu finanzieren haben. Es scheint daher, daß Leistungen, die vom Krankenversicherungsträger zu erbringen sind, obwohl sie durch ansteigende Pflegetage durch Verpflichtungen zu Pflegegebührenersätzen belastet sind, im Ergebnis solchen Krankenversicherungsträgern zugute kommen, die aufgrund eines Sinkens von Pflegetagen im Rahmen der von ihnen zu erbringenden Pflegegebührenersätze Vorteilsträger sind. Dieses anscheinend unsachliche Ergebnis dürfte auf den jeweiligen Beitragsschlüssel, wie er in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen festgelegt ist, zurückzuführen sein.


Diesen verfassungsrechtlichen Bedenken -- soweit sie sich auf Art VIII § 4 Abs. 2 dritter Satz BG BGBl Nr 283/1988 beziehen -- könnte entgegengehalten werden, daß bestimmten Krankenversicherungsträgern gem Art VIII § 4 Abs. 2 letzter Satz leg cit der für die Jahresausgleichszahlung geleistete Aufwand ohnehin zu ersetzen ist, wodurch eine gleichheitswidrige finanzielle Doppelbelastung verhindert würde.


Einer solchen Argumentation sollte aber wieder entgegengehalten werden, es sei nicht sichergestellt, daß dem Krankenversicherungsträger der für die Jahresausgleichszahlung geleistete Aufwand zur Gänze ersetzt wird.


Die in Prüfung gezogenen Regelungen scheinen daher gleichheitswidrig zu sein, da sie Beitragsschlüssel vorsehen, die in keinem sachlichen Verhältnis zu den eintretenden Ent- oder Belastungen stehen."


6. Die Bundesregierung hat von einer meritorischen Äußerung Abstand genommen, für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen jedoch den Antrag gestellt, der Verfassungsgerichtshof wolle für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.


7. Die Gebietskrankenkasse hat eine Äußerung erstattet, in der sie mit näherer Begründung den Antrag stellt, der Verfassungsgerichtshof wolle im Falle der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen die Anlaßfallwirkung gemäß Art 140 Abs 7 B-VG auch auf die beim Bundesminister für Arbeit und Soziales anhängigen Verfahren über die von der Gebietskrankenkasse für die Jahresausgleichszahlung 1992 und 1993 zu leistenden Beiträge ausdehnen.


8. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat eine Äußerung erstattet, in der er die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen wie folgt verteidigt:


"Es ist . . . nicht unsachlich, wenn man Aufteilungsschlüssel nicht allein an der ÄErsparnis beim VersicherungsträgerÄ orientiert, sondern allgemeine Kriterien, wie zB das Beitragsaufkommen, heranzieht.


Es liegt im Wesen eines Aufteilungsschlüssels, daß er nicht allen Interessen gleichmäßig und vollständig Rechnung tragen kann.


. . .


Der Ansicht der Gebietskrankenkasse, daß Änur durch einen Aufteilungsschlüssel, der sich streng an der bei den einzelnen Versicherungsträgern aufgrund der Reduzierung der Pflegetage eingetretenen Ersparnis orientiertÄ eine unsachliche Regelung vermieden wird, kann in der Allgemeinheit nicht zugestimmt werden.


Die Entwicklung der Zahl der Pflegetage bei den einzelnen Versicherungsträgern hängt vor allem von der Entwicklung der Zahl der Versicherten ab. Die Versichertenstände haben sich bei einzelnen Kassen sehr unterschiedlich entwickelt.


. . .


Sinkende Versichertenzahlen bedeuten für die betroffene Kasse natürlich neben geringen Beitragseinnahmen auch weniger Leistungen (unter anderem Pflegetage).


Eine strenge Koppelung des Aufteilungsschlüssels an die Ersparnisse durch die Pflegetagereduzierung würde jene Versicherungsträger begünstigen, die weniger Versicherte haben, wobei diese Versicherungsträger keinerlei Einsparungsanstrengungen unternehmen müßten.


Die derzeitige Aufteilung der Jahresausgleichszahlung ist nach unserer Auffassung aus folgenden Gründen sachlich:


Alle Belastungen der Krankenversicherungsträger durch die Errichtung bzw die Verlängerungen des KRAZAF (und dazu zählt zweifelsohne die Jahresausgleichszahlung) waren mit der Zuführung zusätzlicher Mittel verbunden. Insbesondere waren dies die zusätzlichen Anhebungen der Höchstbeitragsgrundlage (von 2/3 auf 3/4 bzw 5/6 und sodann auf das Niveau der Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung -- siehe die Entwicklung des § 45 ASVG) und die Einführung des Zusatzbeitrages. Diese zusätzlichen Einnahmen fielen bei den einzelnen Kassen recht unterschiedlich aus und es war daher notwendig, mit relativ aufwendigen Berechnungen Schlüssel zu entwickeln, die diesem Umstand Rechnung tragen.


Diese Schlüssel sollten stets gewährleisten, daß die zusätzlichen Einnahmen jeder einzelnen Kasse ausreichen, ihre zusätzlichen Belastungen zu decken. Es lag wegen des Sachzusammenhangs daher nahe, diese Schlüssel für die Festsetzung aller Leistungen der Kassen an den KRAZAF --also die Überweisungen nach § 447f ASVG und die Jahresausgleichszahlung -- heranzuziehen.


Festzuhalten ist, daß für die Ausgleichszahlungen der gleiche Standpunkt gilt wie für andere gesetzliche Regelungen: Diese Regelungen müssen nicht jedem Einzelfall im Detail Rechnung tragen; es reicht vielmehr aus, wenn es sich die Regelung anhand einer Durchschnittsbetrachtung als sachgerecht erweist, wobei Härten im Einzelfall nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes eine Regelung für sich allein noch nicht verfassungswidrig machen."


9. Zu diesen Äußerungen hat die Gebietskrankenkasse eine Gegenäußerung erstattet. In dieser wird ausgeführt:


"1. Zu den Ursachen für die Rezudierung der Pflegetageanzahl:


Nach Meinung des Hauptverbandes ist die Heranziehung allgemeiner Kriterien, wie zum Beispiel des Beitragsaufkommens, für die Festlegung des Aufteilungsschlüssel deshalb sachlich, da die Reduzierung der Pflegetageanzahl verschiedene Ursachen habe. Diese Argumentation ist unrichtig und trifft nicht den Kern der Sache. Das Wesen der Jahresausgleichszahlung liegt darin, daß die Träger der Krankenanstalten den Ausfall der Pflegegebühren ersetzen, der ihnen durch die erwünschte Reduzierung der Pflegetageanzahl (Regelungsziel der Jahresausgleichszahlung) entsteht, trotzdem ersetzt erhalten. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob der derzeitige Schlüssel für die Aufteilung dieser Finanzierungslast unter die einzelnen Krankenversicherungsträger sachlich gerechtfertigt ist oder nicht. Erster Anknüpfungspunkt für den Aufteilungsschlüssel muß die Überlegung sein, welche finanziellen Auswirkungen das regelungszielgerechte Verhalten der Krankenanstalten auf die einzelnen zahlungspflichtigen Krankenversicherungsträger hat. Diese Kausalitätsüberlegung ist schon deshalb geboten, da auch die zu finanzierende Jahresausgleichszahlung, eine Art ÄPrämieÄ für die Einsparung von Pflegetagen, ihrerseits streng kausal ausgerichtet ist.


Die Auswirkung des regelungszielgerechten Verhaltens der Krankenanstalten besteht darin, daß bei den einzelnen Krankenversicherungsträgern unterschiedlich hohe Ausgabenersparnisse an Pflegegebührenersätzen eintreten.


Der in den in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen festgelegte Schlüssel für die Aufteilung der Finanzierungslast auf die einzelnen Krankenversicherungsträger ignoriert diesen Zusammenhang gänzlich, und stellt ausschließlich auf das Beitragsaufkommen ab. Dies führt allerdings dazu, daß Versicherungsträger, bei denen die Pflegetageanzahl ansteigt, einer Doppelbelastung ausgesetzt sind, da sie zusätzlich zum erhöhten Pflegegebührenersatzaufwand auch noch die Jahresausgleichszahlung zu finanzieren haben. Dies kommt im Ergebnis solchen Krankenversicherungsträgern zugute, die aufgrund eines Sinkens von Pflegetagen im Rahmen der von ihnen zu erbringenden Pflegegebührenersätze Vorteilsträger sind.


Die Heranziehung des Kriteriums Beitragsaufkommen führt daher zu einem unsachlichen Ergebnis.


2. Zur Auswirkung der Zahl der Versicherten auf die Pflegetageanzahl:


Der Einwand des Hauptverbandes, es sei die Auswirkung der Veränderung der Zahl der Versicherten auf die Pflegetageanzahl zu berücksichtigen, ist derzeit nicht zu prüfen. Der bekämpfte Aufteilungsschlüssel läßt die finanziellen Auswirkungen einer unterschiedlich starken Einsparung von Pflegetagen auf die einzelnen Krankenversicherungsträger völlig unberücksichtigt. Die Frage, ob bei einer sachgerechten Aufteilung der Finanzierungslast auf die einzelnen Krankenversicherungsträger nach Maßgabe der erzielten Pflegegebührenersparnisse die Veränderung der Pflegetage in absoluten Zahlen heranzuziehen ist, oder ob allenfalls diese Zahlen noch um die Veränderung in der Versichertenanzahl zu bereinigen sind, bevor sie für die Festlegung des Aufteilungsschlüssels herangezogen werden, setzt gerade voraus, daß jedenfalls auf die Entwicklung der Pflegetageanzahl abzustellen ist, und daß der derzeitige, ausschließlich beitragsorientierte Aufteilungsschlüssel, unsachlich ist.


3. Zur Unsachlichkeit des bisherigen Schlüssels:


Der vom Hauptverband in seinem Schriftsatz genannte Sachzusammenhang zwischen den Überweisungen nach § 447f ASVG (Allgemeine KRAZAF-Finanzierung) und der Jahresausgleichszahlung besteht gerade nicht. Wie der Hauptverband in seiner Äußerung zutreffend ausführt, waren die Belastungen der Krankenversicherungsträger durch die Errichtung bzw die Verlängerungen des KRAZAF jeweils mit der Zuführung ganz erheblicher zusätzlicher Mittel verbunden. Die Überweisungen nach § 447f ASVG verfolgen allerdings einen völlig anderen Zweck als die Jahresausgleichszahlung. § 447f ASVG setzt den ständig steigenden Finanzbedarf der Krankenanstalten als unabänderliches Faktum voraus und versucht, diesen als vorgegeben angenommenen Finanzierungsbedarf, soweit ihn die KV-Träger zu decken haben, nach einem bestimmten Schlüssel, der sich seinerseits wiederum an den Zuflüssen zusätzlicher Mittel zu den einzelnen KV-Trägern orientiert, auf diese aufzuteilen. Wesentlich ist dabei, daß den Krankenversicherungsträgern zu diesem Zweck zusätzliche Mittel (sukzessive Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage, Einführung des Zusatzbeitrages gemäß § 51b ASVG) zugeführt werden, und aus diesen zusätzlichen Mitteln die Überweisungen nach § 447f ASVG finanziert werden.


Die Jahresausgleichszahlung hingegen beruht auf einem völlig anderen Gedanken. Sie geht davon aus, daß der Finanzierungsbedarf der Krankenanstalten sehr wohl beeinflußbar und reduzierbar ist. Sie schafft einen Anreiz für die Krankenanstalten, die Zahl der Pflegetage, soweit diese auf finanztechnische Überlegungen zurückzuführen waren, zu verringern, ohne im Endergebnis eine allzu große finanzielle Einbuße hinnehmen zu müssen. In der Beschwerde vom 17. 12. 1993 ist auch ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen es sachlich gerechtfertigt ist, zur Finanzierung dieser Jahresausgleichszahlung an die einzelnen Krankenanstalten, in Abkehr vom System des KRAZAF, ausschließlich die Krankenversicherungsträger heranzuziehen. Da bei diesen ohne ihr Zutun unterschiedliche Ersparnisse durch die verminderte Pflegetageanzahl eintreten würden, ist es sachgerecht, vor allem diese eingetretenen Ersparnisse zur Finanzierung der Jahresausgleichszahlung zu verwenden. Kriterium für die Aufteilung der Finanzierungslast unter den KV-Trägern hat das (unterschiedliche) Ausmaß der bei den einzelnen KV-Trägern eingetretenen Ersparnisse (Minderaufwand für Pflegegebührenersätze) zu sein.


Die Jahresausgleichszahlung unterscheidet sich sohin strukturell gänzlich von den rein bedarfsorientierten Zahlungen nach § 447f ASVG. Sie findet seit 1985 ihren Platz in den Vorschriften über den Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds nur deshalb, weil sie ebenfalls einen bestimmten Aspekt der Krankenanstaltenfinanzierung betrifft. Sie ist allerdings von der seit 1978 bestehenden gemeinschaftlichen Finanzierung der Krankenanstalten durch die Gebietskörperschaften und die Sozialversicherungsträger im Rahmen des KRAZAF völlig verschieden. Ein Sachzusammenhang, der die Heranziehung desselben Schlüssels für die Aufteilung der Finanzierungslast für die Überweisung nach § 447f ASVG einerseits und andererseits für die Jahresausgleichszahlung rechtfertigte, besteht nicht."


10. Der Verfassungsgerichtshof hat am 17. Juni 1996 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der sowohl die Bundesregierung als auch der Bundesminister für Arbeit und Soziales und der Hauptverband den Bedenken des Einleitungsbeschlusses entgegengetreten sind.


11. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:


11.1. Die Annahme des Einleitungsbeschlusses, daß die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Regelungen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides des Anlaßverfahrens angewendet worden sind und daß sie auch der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung über die an ihn gerichtete Beschwerde anzuwenden hätte, ist keine Partei des Prüfungsverfahrens entgegengetreten. Es ist auch sonst nichts hervorgekommen, was gegen die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen sprechen würde. Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.


11.2. Aufgrund der Ergebnisse des Gesetzesprüfungsverfahrens kann der Verfassungsgerichtshof die im Einleitungsbeschluß dargelegten Bedenken jedoch aus folgenden Gründen nicht aufrecht erhalten:


11.3. Bei der mündlichen Verhandlung ist den Bedenken des Einleitungsbeschlusses entgegengehalten worden:


11.3.1. Der Vertreter der Bundesregierung brachte im wesentlichen vor:


". . . Das System von Ausgleichszahlungen ist im Bereich der Sozialversicherung nichts ungewöhnliches. Diese Ausgleichszahlungen schaffen eine besondere neue Solidargemeinschaft, bei der allerdings nicht die einzelnen Versicherten, sondern die einzelnen Krankenkassen quasi eine Art Rückversicherung erfahren. Dieses System der Ausgleichszahlungen bewirkt, daß Risken in einer bundesweit betrachtet ausgeglicheneren Weise verteilt werden. Man könnte fast sagen, daß in diesem System die einzelnen Sozialversicherungsträger eine zu den Versicherten vergleichbare Rolle einnehmen, vergleichbar insoweit, als die einzelnen Pflegegebührenersätze, die die Sozialversicherungsträger zu entrichten haben, einem Selbstbehalt oder ähnlichen Konstruktionen aus dem Sozialversicherungsrecht entsprechen, wogegen die Pauschalzahlungen und Ausgleichszahlungen quasi Versicherungsprämien sind.


Im vorliegenden Fall geht es darum, daß die Gebietskrankenkasse im Wege des Ausgleichssystems . . . für zwei Jahre -- inwieweit das zutrifft oder nicht, muß man offenlassen -- den Nachweis zu erbringen geglaubt (hat), daß die Zahl der Pflegetage gestiegen sei und sie daher in diesen zwei Jahren erhöhte Ausgaben gehabt hätte, nämlich auf der Ebene Pflegegebührenersätze einerseits und bei den beitragsabhängigen Ausgleichszahlungen andererseits.


Die erste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die, ob es zulässig ist, bloß zwei Jahre aus einer Kette von Ausgleichszahlungen herauszugreifen. Es stellt sich die Frage, ob im Hinblick auf Art 7 B-VG nicht ein längerer Zeitraum gewählt werden müßte, weil bundesweit betrachtet die Zahl der Pflegetage in Krankenanstalten sinkt. Diese Tendenz ist deutlich nachweisbar, auch für Vorarlberg. Möglicherweise hat es aufgrund besonderer Umstände in zwei Jahren diesem Trend widersprechende Entwicklungen in Vorarlberg gegeben; das kann aber nicht extrapoliert werden aus dem Zeitraum ab 1977, dem Jahr der ersten KRAZAF-Vereinbarung, bis heute.


Ein zweiter Gesichtspunkt ist, daß in Wirklichkeit auch für diese zwei Jahre eine sachliche Rechtfertigung für die höheren Leistungen, die die Gebietskrankenkasse zu erbringen hatte, möglicherweise darin gesehen werden könnte, daß in derselben Zeit die Einnahmen der Gebietskrankenkasse überproportional gestiegen sind. Im Zeitraum von 1987 bis 1991 ist die Zahl der Versicherten bei der Gebietskrankenkasse um 7,8% gestiegen. Nun ist es statistisch und empirisch nachweisbar, daß es eine deutliche Korrelation zwischen den Versicherten und den Pflegetagen in Spitälern gibt. . . ."


11.3.2. Der Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales führte aus:


"Ich möchte mich darauf beschränken, auf die wesentlichen Punkte einzugehen und darlegen, warum der hier maßgebliche Schlüssel nicht nur sachgerecht ist, sondern die Gebietskrankenkasse sogar bevorzugt. Das Steigen der Spitalstage in den KRAZAF-bezuschußten Spitälern bei der Gebietskrankenkasse wurde vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mehrmals hinterfragt. Die Gebietskrankenkasse konnte nicht Auskunft geben, warum das tatsächlich passiert ist. Der Hauptverband hat sich daher mit der Landesregierung ins Einvernehmen gesetzt und den Ursachen nachgeforscht. Zumindest für den Zeitraum 1990 bis 1994 ist es so, daß Verschiebungen und Angliederungen von nicht KRAZAF-bezuschußten Spitälern in andere Krankenanstalten, die KRAZAF-bezuschußt sind --konkret: des UKH B in B. im Jahre 1991 in das LKH F und in weiterer Folge in das LKH B -- zu einem rein statistischen Ansteigen der Pflegetage geführt hat, während die tatsächlichen Pflegetage im Land sehr wohl gesunken sind. Die Zahl der Pflegetage ist im Land von 1990 bis 1991 in etwa von 622.000 auf 598.000 gesunken. Die Zahl der Pflegetage im UKH B ist erstmals im Jahre 1991 in den KRAZAF-bezuschußten Spitälern enthalten. Insgesamt sind auch in V. in allen Krankenanstalten die Pflegetagezahlen gesunken.


. . .


Ich glaube, der Gedankenfehler bei der Argumentation der Gebietskrankenkasse liegt darin, daß sie nur den Teil als Zahlung betrachtet, der aufgrund der Einzeltage über Pflegegebührentage und Pflegegebührenersätze geleistet wird, nicht aber die Pauschalzahlung für den KRAZAF. Das, was für die einzelnen Leistungen in den Spitälern gezahlt wird, sind aber nicht nur die nach Pflegetagen erbrachten Zahlungen, sondern auch Leistungen in Höhe von ca 30% des Gesamtvolumens, die zusätzlich über die pauschale Aufbringung von allen Trägern in den KRAZAF geschickt werden, sowie noch als letzten Teil diese Jahresausgleichszahlung, die nicht so sehr ein Anreizsystem sein sollte, sondern andere Ursachen hatte. Die Jahresausgleichszahlung in ihrer besonderen Gesamtgestaltung ist nämlich -- trotz Krankenanstalten, die mehr zu saldieren haben, was bedeutet, daß nicht alles, was erspart wird, der jeweiligen Krankenanstalt zugute kommt -- bundesweit festgelegt worden, weil man Betten einsparen wollte. Die Einsparung von Betten korreliert aber nicht unbedingt mit der Einsparung von Pflegetagen. Daher hat man sich dazu entschlossen, ganz Österreich zu betrachten und nur das, was aus dieser Gesamtzahl durch die Einsparung der Betten herauskommt, allen Krankenanstaltenträgern, verkürzt um erhöhte Pflegetagezahlen anderer Krankenanstalten, zugute kommen zu lassen.


. . .


Die sauberste Lösung wäre, die Gesamtkosten der Krankenanstaltenfinanzierung -- also einzelne Pflegetage plus die pauschalen Zuschläge in Prozent plus diese Jahresausgleichszahlung -- umzulegen auf den einzelnen Pflegetag. Dann würde die Gebietskrankenkasse wesentlich mehr belastet sein, denn sie nimmt ja auch mehr Leistungen in Anspruch als andere. Die Regelung des Schlüssels ist daher ein echter Ausgleich, aber zugunsten der Gebietskrankenkasse.


Im Zuge der Neuregelung 1991 hat sich am Schlüssel übrigens nichts geändert. Der einzige Unterschied ist der, daß die Berechnung des Schlüssels in den Jahren 1987 bis 1990 im Gesetz angegeben war, und sich aus dieser Berechnung der Schlüssel ergeben hat. Im Jahre 1991 hat man aufgrund der Daten für das Jahr 1990 diesen Schlüssel berechnet und in das Gesetz hineingeschrieben, wobei die Berechnungsart des Schlüssels haargenau so war wie vorher; man hat dann gesagt, in weiterer Folge wird dieser Schlüssel mit den Beitragseinnahmen hochgezogen, weil die Errechnung des Schlüssels einzig auf Beitragseinnahmen abgestellt war. Der Schlüssel hat sich somit nicht geändert.


Was sich geändert hat, war der Entfall der Rückzahlungsregelung. Eigentlich gab es bereits 1987 keine sachliche Notwendigkeit für die damals geschaffene Rückzahlungsregelung, weil die Träger Beiträge in einen Ausgleichsfonds leisteten, die sie wieder nach einem ein Nullsummenspiel bewirkenden Beitragsschlüssel zurückbekommen haben. 1987 hat jedoch der Fonds mit dem Sondervermögen für Grippeepidemien so viel Geld gehabt, daß man sich zu dieser Regelung entschlossen hat. Als dieser Fonds 1990 ausgeräumt war, hat man keine weitere Rückzahlung vorsehen können. Aus diesem Grund ist dann die Rückzahlungsregelung entfallen. . . ."


11.3.3. Der Vertreter der beteiligten Gebietskrankenkasse führte im wesentlichen aus:


"Es geht hier keinesfalls um eine in V. bestehende besondere Situation, sondern darum, ob diese, nach dem Konzept des Gesetzgebers alle Krankenversicherungsträger gemeinsam treffende Finanzierungslast innerhalb der Krankenversicherungsträger sachlich gerechtfertigt aufgeteilt wurde. Dabei spielen Überlegungen, wie sich die Situation in V. darstellt, eine untergeordnete Rolle. Die Jahresausgleichszahlung weicht vom sonstigen System der Krankenanstaltenfinanzierung erheblich ab, und zwar ist das System des KRAZAF an sich so konzipiert, daß sowohl die Sozialversicherungsträger als auch die Gebietskörperschaften mitzahlen. Das besondere an der Jahresausgleichszahlung liegt darin, daß sie allein von den Krankenversicherungsträgern finanziert wird. Das stellt einen Systembruch gegenüber den anderen KRAZAF-Bestimmungen dar, weshalb hier ganz andere Überlegungen zur sachlichen Rechtfertigung anzustellen sind. In diesem Zusammenhang möchte ich die Frage ansprechen, ob diese ausschließlich die Krankenversicherungsträger treffende Finanzierungslast für die Jahresausgleichszahlung überhaupt sachlich gerechtfertigt ist. Durch sie sollen nämlich die Krankenanstaltenträger verhalten werden, überflüssige Betten abzubauen. Überflüssige Betten stellen aber ein vertragswidriges Verhalten dar, weil die Krankenanstalten nur solche Leistungen erbringen sollten, die medizinisch notwendig und zweckmäßig sind. Es hat sich somit herausgestellt, daß Krankenanstaltenträger dieses Abrechnungssystem -- überspitzt formuliert -- mißbrauchen, indem sie unnötige Betten und Pflegetageanzahlen produzieren, um mehr Geld zu erhalten. Der Nutzen des Bettenabbaus kommt nun aber auch den Rechtsträgern der Krankenanstalten zugute. Es ist daher die Frage sehr wohl berechtigt, ob die ausschließliche Finanzierung durch die Krankenversicherungsträger überhaupt sachlich gerechtfertigt ist.


Davon ausgehend . . . möchte ich mich im folgenden der Frage zuwenden, ob diese Finanzierungslast innerhalb der Krankenversicherungsträger nach sachlichen Kriterien aufgeteilt ist.


. . .


1. Die Jahresausgleichszahlung in ihrer derzeitigen Form begünstigt vor allem jene Krankenversicherungsträger, in deren Bereich eine höhere Pflegetageersparnis eintritt als bei den anderen Krankenversicherungsträgern. So ist zB bei der Gebietskrankenkasse in dem Zeitraum von 1989 bis 1993 eine 10%ige Ersparnis eingetreten, während bei der Gebietskrankenkasse hingegen eine Steigerung um 3% erfolgt ist. 2. Im Gesetz heißt es, daß die Pflegetageersparnis noch um 40% der Hauskrankenpflegetage zu vermindern ist. Als man im Jahre 1992 die Hauskrankenpflege zur Pflichtleistung erhoben hat, da hat man im System der Jahresausgleichszahlung normiert, daß die Hauskrankenpflege nicht den Krankenanstaltenträgern zugute kommen soll bzw man hat dann in einer Kompromißlösung einen Satz in Höhe von 40%festgelegt. Diese Hauskrankenpflegetage werden österreichweit summiert und kommen allen Krankenversicherungsträgern gleichmäßig zugute. Es ist aber so, daß die Hauskrankenpflege in V. im Gegensatz zu anderen Bundesländern ein sehr hohes Ausmaß erreicht hat. So erbringt die Gebietskrankenkasse mit 180.000 Versicherten mehr Hauskrankenpflegetage als die Gebietskrankenkasse, die mehr als das fünffache an Versicherten aufweist. Aufgrund der bestehenden Strukturen wußte man bereits 1992, daß es in der Hauskrankenpflege große regionale Unterschiede gibt. Diese absolut ungleiche Auswirkung ist durch das Gesetz programmiert. 3. Die derzeitige Regelung benachteiligt Versicherungsträger mit höheren Beitragsgrundlagen. Die Gebietskrankenkasse beispielsweise hat etwa 25% der Pflegetage und 32% der Beiträge für die Jahresausgleichszahlung zu erbringen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Anzahl der Versicherten ungefähr eine gleichmäßige Pflegetageanzahl entspricht. Ein Versicherungsträger mit hohen Beitragsgrundlagen zahlt im Verhältnis zu einem Versicherungsträger mit niedrigeren Beitragsgrundlagen überproportional hohe Beiträge.


. . .


Es ist so, daß die Auslastung mit Pflegetagen von verschiedenen Faktoren abhängt, die zB im österreichischen Krankenanstaltenplan, den es seit 1978 gibt, dokumentiert sind. Dazu gehören zB Versorgungsdichte, Qualität der Versicherung außerhalb des Krankenhauses, usw. Hier gibt es statistische Werte, die man anführen könnte, zB die Versorgungsdichte mit Internisten, die in V. höher ist als in W. Von der Krankenkasse werden beispielsweise in Relation zur Gesamtbevölkerung mehr als viermal soviele Personen zur stationären Behandlung aufgenommen wie in N. Es gibt also grundlegende strukturelle Unterschiede, die evident machen, daß ein solches Anreizsystem sich unterschiedlich auswirkt.


Noch ein letzter Punkt: Von der Bundesregierung ist vorgebracht worden, daß sich eine steigende Versichertenzahl auch auf die Pflegetageanzahl auswirkt. Wir wollen das nicht im Grundsatz bestreiten, aber selbst wenn man annimmt, daß ein Prozent mehr an Versicherten ein Prozent mehr an Pflegetagen bewirkt, ergibt sich ein exorbitanter Unterschied in der Ersparniswirkung bei den einzelnen Krankenversicherungsträgern. Bei der Gebietskrankenkasse etwa ist im Zeitraum von 1989 bis 1993 eine absolute Ersparnis von 7,4% eingetreten, obwohl der Versichertenstand um 15% zugenommen hat. Ausgehend von der These, daß ein Prozent mehr Versicherte ein Prozent mehr an Pflegetagen bewirkt, beträgt die Differenz 22%. Bei der Gebietskrankenkasse beträgt die Differenz hingegen lediglich 4%. Auch diese Erwägung belegt die Unsachlichkeit des Schlüssels, für dessen sachliche Rechtfertigung sich übrigens auch in den Gesetzesmaterialien nicht der geringste Anhaltspunkt findet . . ."


11.4. Daraus ergibt sich:


11.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner im Einleitungsbeschluß geäußerten Ansicht fest, daß der Gleichheitssatz den Gesetzgeber verpflichtet, eine mehreren Sozialversicherungsträgern gemeinsam auferlegte Finanzierungslast intern nach sachlichen Kriterien aufzuteilen.


11.4.2. Es trifft zwar zu, daß die Aufbringung der für die Jahresausgleichszahlung benötigten Mittel, die nach den in Prüfung gezogenen Bestimmungen erfolgt, an Schlüssel anknüpft, die sich an den allgemeinen Beitragseinnahmen von Krankenkassen orientieren. Der Gesetzgeber ist dabei den Weg gegangen, daß er in Art VIII § 4 Abs 2 BG BGBl Nr 283/1988 und Art IV Abs 2 BG BGBl Nr 702/1991 Schlüssel gewählt hat, die von den Regelungen ausgehen, die für die KRAZAF-Beiträge der einzelnen Krankenversicherungsträger bereits festgelegt waren. Ein solches Anknüpfen an die einnahmenorientierten KRAZAF-Schlüssel erscheint dem Verfassungsgerichtshof jedoch im Hinblick darauf, daß die Finanzkraft der einzelnen Krankenversicherungsträger letztlich von den Beitragseinnahmen abhängig ist, an sich nicht unsachlich.


11.4.3. Die Unsachlichkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung wäre jedoch gegeben, wenn als Ergebnis von den durch sie belasteten Krankenkassen eine (oder mehrere) im Zusammenhang mit dem zwecks Senkung von Pflegegebührentagen konzipierten Regelungskomplex systematisch benachteiligt und andere Kassen hiedurch systemimmanent privilegiert würden.


11.4.4. Gerade darauf lassen aber die Ergebnisse des Gesetzesprüfungsverfahrens nicht schließen; ebensowenig kann gesagt werden, daß der Gesetzgeber bei Erlassung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen derartiges erwarten mußte.


ES kann dabei dahingestellt bleiben, ob, den Überlegungen der Bundesregierung entsprechend, das Ausgleichszahlungssystem als -- spezifische --Solidargemeinschaft nur im Zusammenhang mit de den KRAZAF betreffenden Regelungen zu beurteilen ist, weshalb, wie der Bundesminister für Arbeit und Soziales vermeint, letztlich die Gebietskrankenkasse gar nicht benachteiligt, sondern sogar bevorzugt würde.


Wie das Gesetzesprüfungsverfahren nämlich ergeben hat, war das Ansteigen der Pflegetage in den Jahren 1990 und 1991 auf besondere Umstände zurückzuführen, die sich gerade in V. ergeben haben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist es dem Verfassungsgerichtshof nicht möglich, aus den Belastungen der Gebietskrankenkasse in den Jahren 1990 und 1991 darauf zu schließen, daß der vom Gesetzgeber gewählte Schlüssel für die Jahresbeitragszahlungen der betroffenen Krankenversicherungsträger unsachlich wäre. Er hatte dabei auch zu berücksichtigen, daß die Erwartung des Gesetzgebers, die der Einführung der spezifischen Jahresausgleichszahlungen zugrunde lag, nur tendenzielle Einschränkungen erlaube. Einem solchen System, das der Verfassungsgerichtshof an sich nicht für unsachlich hält, weil es sich durch das angestrebte Ziel rechtfertigt, kann auch nicht vorweg Untauglichkeit zur Erreichung dieses Zieles vorgeworfen werden, weil es sich räumlich und zeitlich unterschiedlich auswirken kann, zumal die Beurteilung der Sachlichkeit nur unter den jetzigen Bedingungen gilt.


11.5. Die im Einleitungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken haben sich damit nicht als zutreffend erwiesen.


11.5.1. Art IV Abs 2 letzter Satz BG BGBl Nr 702/1991 war daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.


11.5.2. Da Art VIII § 4 Abs 2 dritter und der mit ihm in untrennbarem sachlichen Zusammenhang stehende vierte Satz BG BGBl Nr 283/1988 gemäß Art XI Abs 3 leg cit mit Ablauf des 31. 12. 1990 außer Kraft getreten sind, war auszusprechen, daß diese Bestimmungen nicht verfassungswidrig waren.